Bild: Mika Baumeister

Was ist noch nicht Gerecht? – Welttag der sozialen Gerechtigkeit

Wenn es ein Thema gibt, welches die SPD in ihrer über 150 jährigen Geschichte am stärksten geprägt hat, dann ist es die soziale Gerechtigkeit. Deshalb war es für uns Sozialdemokrat*innen hier in Elsdorf selbstverständlich, dass wir anlässlich dieses bedeutsamen Tages in uns gehen und uns selbst die Frage stellen: "Was ist noch nicht gerecht?" Wie wir diese Frage unter anderem beantwortet haben? - Das wollen wir euch im folgenden in Auszügen näher bringen.

Arbeiten muss sich Lohnen – für Geldbeutel und Familie

Tarifvertrag? – Aber bitte doch!

Wer Vollzeit Arbeitet, muss auch seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Hierzu ist die kommende Erhöhung des Mindestlohns bereits ein guter Schritt, denn von ihr profitieren über 10 Millionen Arbeitnehmer*innen in Deutschland. Aber für uns ist auch klar: Tarifverträge dürfen nicht zur Seltenheit werden.

Unterlagen 1998 noch über 75% der Betriebe von Beschäftigten noch einem Tarifvertrag, so sind es 2019 nur noch knapp jeder Zweite. Der Trend geht klar abwärts. Für uns ist dies nicht akzeptabel, denn Tarifverträge schaffen Sicherheit und Wohlstand.
Sicherheit, weil sie das Beschäftigungsverhältnis über den gesetzlichen Mindestrahmen hinaus regeln und deutlich zugunsten von der Arbeitnehmer*innen gestaltet sind. Desweiteren bringen Tarifverträge den Arbeitnehmer*innen häufig mehr Urlaubstage, als das gesetzliche Minimum.
Wohlstand, weil sie Löhne deutlich über Mindestlohnniveau festlegen und weil sie Leistungen wie etwa das Weihnachtsgeld oder aber auch vermögenswirksame Leistungen und Benefits regeln.

Bild: statistisches Bundesamt

Arbeit und Familie ohne Probleme unter einen Hut bringen

Die Frage „Familie oder Karriere“ darf sich nicht mehr stellen, es muss heißen: Familie und Karriere!
Auf der einen Seite gehört hierzu der Ausbau der Kitakapazitäten und die Abschaffung der Kitagebühren. Auf der anderen Seite muss der Wechsel zwischen Vollzeit- und Teilzeitstelle offener gestaltet werden und ein Anspruch auf Homeoffice.

Wohnen und das bezahlbar

Mietpreise steigen immer höher und höher und immer mehr Menschen geben einen substantiellen Anteil ihres Einkommens für die Miete aus. Für uns ist das nicht gerecht, denn gutes Wohnen ist ein Menschenrecht. Es kann nicht angehen, dass immer mehr Menschen um ihre Existenz bangen und ausziehen müssen, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten können.
Zum einen muss ein fairer Mietpreis erstrebenswert sein, auch für Vermieter*innen und zum anderen muss der Wohnungsnot entgegengewirkt werden. Nur so lassen sich die Mietpreise nachhaltig auf einem akzeptablen Niveau halten.

Gerechtigkeit – auch in der jungen Generation ein großes Thema (Jusos)

Die Pandemie hat nur verdeutlicht, was schon vorher Realität war. Welche Bildungsabschlüsse Kinder einmal machen werden, hängt in den meisten Fällen immer noch vom Bildungsgrad und Geldbeutel der Eltern ab. Zum Glück nicht immer, es gibt immer wieder Beispiele, bei denen diese Schleife durchbrochen werden konnte. In der Regel trifft dieser Zusammenhang aber noch immer zu. Unter anderem in den, vielen bekannten, Pisa-Studien der OECD wird dies immer wieder deutlich. Nach dem Pisa-Schock von 2001 (hier bekam die Bundesrepublik den traurigen Titel: „Weltmeister der Bildungsungleichheit“) sind wir zwar langsam auf dem richtigen Weg, schneiden aber mit Blick auf die Abhängigkeit zwischen Bildung von Kindern und Einkommen von Eltern weiterhin schlecht ab. Da schaffen es andere Länder deutlich besser. Hier muss sich etwas tun, das Bildungssystem ist schließlich die erste und zugleich auch wichtigste Weichenstellung für den zukünftigen sozialen Status eines Menschen!

Schule als Spiegel der sozialen Ungerechtigkeit in der Gesellschaft

Das deutsche Bildungssystem selektiert offiziell nach „Leistung“, inoffiziell spielen aber auch soziale Aspekte oder Zuschreibungen beispielsweise aufgrund einer vermeintlich anderen kulturellen Herkunft bei der Beurteilung der Schüler:innen eine Rolle. Hans wird nach der vierten Klasse eher eine Empfehlung für das Gymnasium erhalten als Fatma. Insgesamt wird soziale Ungleichheit noch immer über Bildung reproduziert bzw. immer wieder erzeugt. Dies zeigt sich auch in Bezug auf Inklusion, also das gemeinsame Lernen von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung. Unter anderem durch Förderschulen wird hier weiter Selektion betrieben. Kinder und Jugendliche werden so neben dem sozialen Leben auch vom ersten Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Kaum jemand, der eine Förderschule besucht hat, schafft es auf den ersten Arbeitsmarkt. Oft werden dies Menschen zu inakzeptablen „Löhnen“ unter ALG-II-Niveau in Behinderten-Werkstätten, wenn man es höflich sagen will, beschäftigt. Auch das ist nicht gerecht!

Benachteiligte und privilegierte Schüler*innen bleiben jeweils unter sich

[…]

Die Kinder bleiben jeweils unter sich; auf den Privatschulen die der privilegierten Eltern, auf den anderen Schulen die benachteiligten Schüler*innen. Und das, obwohl sich eine vielfältige Zusammensetzung von Lerngruppen positiv auswirkt – ohne den besseren Schüler*innen zu schaden.

Die Zeit (19.02.2019)

Der Berufseinstieg, immer noch eine Frage der Herkunft und des Geschlechts

Wenn es um den Berufseinstieg geht, wird es Fatma wahrscheinlich auch schwerer als Hans haben. Viele Frauen sind noch immer oft in Dienstleistungsberufen (Pflegen, Helfen, Betreuen, Verkaufen, Assistieren) und nicht in technischen und produzierenden Berufen mit guten Verdienstmöglichkeiten zu finden. Dies sind überwiegend sogenannte „Sackgassenberufe“, also ohne große Aufstiegsmöglichkeiten. Das liegt oft an verengten Perspektiven für Frauen und hängt mit der Einstellungspraxis der Betriebe zusammen. Von der unterschiedlichen Bezahlung (Gender Pay Gap) gar  nicht anzufangen. Das ist alles – aber nicht gerecht!

Unter anderem diese Themen zeigt einmal mehr die Wichtigkeit des heutigen Welttages der sozialen Gerechtigkeit!